Wahlplakat 2013 Angela Merkel

Am 22. September 2013 wird wieder einmal der Bundestag gewählt. Dabei geht es um eine ganze Menge – vor allem für die Kandidaten. Diese möchten sich im besten Licht zeigen und können ihre Wirkung nicht immer beeinflussen. Was sie in jedem Fall beeinflussen können, sind ihre Wahlplakate. Es ist bekannt, dass Körpersprache einen sehr großen Einfluss auf unsere Entscheidungen hat. Für Politiker stellt sich die Frage: „Wie kann ich mein Wahlplakat so gestalten, dass für mich die beste Wirkung entsteht?“

Es gibt viele wissenschaftliche Erkenntnisse, wie Menschen auf Gesten und Mimiken reagieren. Im Grunde gibt es für Politiker 2 Grundstrategien.

Sympathie-Strategie: Der Kandidat möchte sympathisch, sozial und menschennah herüberkommen.

Stärke-Strategie: Der Kandidat möchte durchsetzungsstark und kompetent wirken.

Das Problem an der ganzen Sache ist, dass beides gleichzeitig nicht geht. Wie auf einer Wippe kann nur ein Ende oben sein. Wirke ich stark, büße ich Sympathiepunkte ein, bin ich sympathisch traut man mir wichtige Aufgaben nicht zu. Nicht jede Strategie passt zu jedem Politiker, und so manches Plakat geht in die Hose.

Hier ist die Analyse und Auswertung einiger Wahlplakate aus Sicht der Körpersprache und deren Wirkung. Wie nutzen die Kandidaten bewusst oder unbewusst die Effekte von Gesten und Mimik?

Angela Merkel (CDU) – „Die Soziale“

Ins Gespräch vertieft

Ins Gespräch vertieft

Angela Merkel ist auf ihren Wahlplakaten ins Gespräch vertieft. Eine sehr gute Strategie. Die Bilder suggerieren: „Angela Merkel hört sich die Probleme der Bürger an und ist ganz nah an den Leuten.“ Bilder auf denen sie sich mit anderen unterhält zeigen, dass sie Freunde hat, die sich gern mit ihr unterhalten. Die hier „nicht sichtbaren“ Gesprächspartner  können Freunde oder Bürger sein. In jedem Fall geben sie der Kanzlerin „Social Proof“ zu deutsch „Soziale Bewährtheit“. Wir sehen Angela Merkel auf mehreren Plakaten im Gespräch. Die Pose ist bewusst gewählt und soll Bürgernähe suggerieren. Angela Merkel wirkt dadurch sympathisch. Keine Frage, Angela Merkels Wahlkampfstrategen haben alles richtig gemacht.

Peer Steinbrück (SPD) – „Der Machthungrige“

"Hört mir gut zu!"

„Hört mir gut zu!“

Der Fingerzeig

Der Fingerzeig

Peer Steinbrück macht seinen Führungsanspruch sehr deutlich.

Auf dem ersten Bild sind seine Hände aufgelehnt und sein Oberkörper ist nach vorn geneigt. Er fordert sich auf diesem Bild die Aufmerksamkeit des Publikums ein. Nach dem Motto „Hört mal alle gut zu.“ Die nach vorn geneigte Körperachse zeigt Angriffslust. Das mag eine gute Strategie gegenüber politischen Konkurrenten sein. Dem Wähler gegenüber ist diese Haltung fraglich. Das Lächeln kann die Wirkung nicht mehr zum Positiven verändern. Das Pult, hinter dem er steht, wirkt zusätzlich als Barriere.

Wenn die Angriffslust eine Strategie des Kanzlerkandidaten ist, dann hat das Bild seine Wirkung nicht verfehlt. Ansonsten bekommt er mit diesem Plakat keine Sympathiepunkte.

Das zweite Bild setzt die aggressive Haltung des Kanzlerkandidaten fort. Das alte Sprichwort „Man zeigt nicht mit nacktem Finger auf angezogenen Leute.“ hat immer noch Bestand. Ein Fingerzeig hat etwas Beschuldigendes. Im direkten Gespräch kann diese Geste zu handfesten Auseinandersetzungen führen. Gut, dass der Finger leicht gekrümmt ist und nicht direkt in die Kamera zeigt. Ein gerader Finger wirkt wie eine Waffe.

Nach der Wirkung auf den Wahlplakaten wird Peer Steinbrück die Wahl verlieren.

Martin Lindner (FDP) – „Der Standfeste“

Der klassische Managertyp

Der klassische Managertyp

Martin Lindner vermittelt auf diesem Wahlplakat die Attitüde eines durchsetzungsstarken Managers. Der Kopf ist gerade, die Körperachse frontal, neutrales Gesicht ohne Lächeln. Martin Lindner trägt einen dunklen Anzug mit Krawatte. Das vermittelt Autorität und Seriosität. Er setzt nicht auf Sympathie sondern auf Stärke. Das nimmt man ihm ab. Diese standfeste Haltung wirkt trotzdem positiv, weil sie nicht aggressiv rüberkommt.

Helmut Metzner (FDP) – „Der Entertainer“

Markenzeichen: die Fliege

Markenzeichen: die Fliege

Nein, dies ist nicht Max Raabe, der mit neuem Gesicht für die FDP in den Wahlkampf zieht. Es ist Helmut Metzner, einst Büroleiter von Guido Westerwelle. Markant ist in jedem Fall seine Fliege. Zum einen ist es gut, sich selber ein Markenzeichen zu geben. Zum anderen wird die Fliege zu festlichen Anlässen wie einem Ball getragen. Helmut Metzner weiß um sein Markenzeichen und trägt die Fliege bewusst. Sie ragt im Plakat noch über den gelben Streifen.  Zusammen mit den gegelten Haaren wirkt Helmut Metzner eher wie ein Playboy als wie ein seriöser Politiker. Zuletzt trug Karl-Theo zu Gutenberg eine gegelte Frisur. Nach dem Fiasko um seine Doktorarbeit rieten ihm seine Berater zu einer lockeren strubbligeren Frisur, was seinem Image besser bekam.

Ob der aristokratische Party-Löwen-Stil in Kreuzberg gut ankommt ist zu bezweifeln.

Eva Högel (SPD) – „Die lockere Businessfrau“

Bitte recht freundlich

Bitte recht freundlich

Eva Högel hat ein klassisch offenes Bild gewählt. Die Körperachse ist von der Kamera weg gedreht. Die oberen Knöpfe der Bluse sind offen. Das wirkt locker und umgänglich. Trotzdem trägt sie ein Jackett, was für Seriosität steht. Zum perfekten Bild fehlt noch das echte Lächeln. Eva Högel lacht nur mit dem Mund, nicht mit den Augen, dadurch wirkt und ist das Lachen falsch und aufgesetzt. Die Mundwinkel gehen sogar ein wenig nach unten. Sie zeigt mehr Zähne, als dass sie lacht.

Klaus Mindrup (SPD) – „Der Unwissende“

Am Gesichtsausdruck muss der Kandidat noch arbeiten

Am Gesichtsausdruck muss der Kandidat noch arbeiten

Die Wirkung seiner Kleidung ist gut gelungen. Genau wie bei Eva Högel ist sie locker und seriös. Der Kandidat der SPD ist sich noch nicht sicher, ob er auf diesem Bild lächeln soll oder nicht. Man erkennt, dass der linke Mundwinkel leicht hochgezogen ist. Das ist schlecht weil dieser Ausdruck einer der 7 Grundemotionen darstellt und zwar „Verachtung“. Ich bin mir sicher, das Klaus Mindrup das nicht weiß, sonst hätte er sich für ein anderes Foto entschieden. Wer keine Zähne zeigen möchte, der Lächelt am besten mit beiden Mundwinkeln oder zeigt ein neutrales Gesicht wie z.B. Martin Lindner auf seinem Wahlplakat. Wer seine Fähigkeiten trainieren möchte, die Mikroimpressionen der 7 Grundemotionen zu erkennen, dem empfehle ich die App Micro Expression Training für das iPhone.

Gregor Gysi (Die Linke) – „Der Anwalt“

Weiß wie er wirkt

Weiß wie er wirkt

Geschlossener dunkler Anzug mit symmetrisch gebundener Krawatte. Gregor Gysi zeigt sich seriös, wie es sich für einen Anwalt gehört. Der Gesichtsausdruck ist neutral. Die Körperachse ist direkt in die Kamera gerichtet und demonstriert Stärke. Im Grunde wird der selbe Eindruck wie bei Martin Lindner erweckt. Die Bildaufteilung wirkt konfus weil der Spitzenkandidat nicht mittig im Bild ist und leicht abkippt. Dadurch verliert das Plakat an Wirkung.

Philipp Lengsfeld (CDU) – „Der Musterschüler“

Hat seine Haushaufgaben gemacht

Hat seine Haushaufgaben gemacht

Wir wissen alle wie das Bild gemeint ist und trotzdem geht die Strategie nicht auf. „Philipp Lengsfeld ist bei der Arbeit so beschäftigt, das nicht mal Zeit für ein Shooting bleibt.“ Der CDU Kandidat wirk in dieser Pose wie ein Musterschüler, der dem Lehrer gefallen will. Besser ist es dem Wähler zu gefallen und der mag es in der Regel Bürgernah.

Stefan Liebich (Die Linke) – „Der Typ von Nebenan“

Wirkt sympatisch

Wirkt sympathisch

Die Aufteilung des Bildes ist wie bei Gregor Gysi. Der Kandidat ist vom Betrachter aus nach links gerückt. Die Körperachse ist Frontal. Die Krawatte fehlt, was dem Kandidaten mehr Lockerheit gibt. Der Kopf ist leicht zur Seite geneigt. Dieses „Halszeigen“ ist eine Unterwerfungsgeste, sie wirkt wenig durchsetzungsstark dafür sympathisch.

Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen) – „Der Revoluzzer“ 

Will es immer noch wissen

Will es immer noch wissen

Der Kopf ist leicht  angehoben, dadurch wird der Blick auf den Hals frei. Der Hals ist eine sehr empfindliche Stelle. Menschen zeigen diese Geste wenn sie furchtlos sind. Nach dem Motto: „Komm doch!“ Das Lächeln wirkt echt und sympathisch. Das Alter gibt Hans-Christian Ströbele eine gute Portion Glaubwürdigkeit und Weisheit. Die Mischung aus herausfordernder Attitüde und Sympathie sind eine gute Basis als Direktkandidat gewählt zu werden.

Cansel Kiziltepe (SPD) – „Die Sympathische“ 

Flirtet mit dem Wähler

Flirtet mit dem Wähler

Da strahlt sie einen vom Plakat an. Das Lächeln wirkt echt, der Kopf ist leicht zur Seite geneigt als ob sie mit dem Wähler flirtet. Die Kandidaten der SPD trägt eine zarte Kette. Frau Kiziltepe wirkt sanft und weiblich. Das Schwarz/Weiß Bild zeigt Stil. Cansel Kiziltepe wirkt auf diesem Bild so sympatisch, dass man ihr wenig Durchsetzungskraft zutraut. Sie muss aufpassen, dass das Wahlplakat nicht wie ein Facebook Profilfoto wirkt.

Philipp Rösler (FDP) – “Der Profi“

Nichts dem Zufall überlassen

Nichts dem Zufall überlassen

Da waren Profis am Werk. Philipp Rösler wirkt wie aus dem Ei gepellt: Dunkler gut sitzender Anzug, Krawatte mit symmetrischem Knoten, pefekt ausgeleuchtetes und retuschiertes Foto. Der Kopf ist gerade und blickt in die Kamera. Die Körperachse ist zur Seite geneigt, damit er nicht zu bedrohlich wirkt. Die Brille passt harmonisch ins Gesicht und wirkt dezent. Der Gesichtsausdruck ist neutral mit einem klitzekleinen Lächeln. Der amtierende Wirtschaftsminister hat wie ein BWLer an allen Stellschrauben gedreht. So sieht ein perfektes Bewerbungsfoto aus. Problematisch an solchen Fotos ist, dass die Person an Profil verliert. Sie wirkt absolut neutral, von der inneren Einstellung wie auch vom Wiedererkennungswert.

App „Körpersprache Trainer“

kst_icon_125Für alle, die selber Bilder und Menschen auf Körpersprache analysieren möchten empfehle ich die iPhone App „Körpersprache Trainer“. Sie beinhaltet alle Standardposen und -Gesten. Kauft sie bei iTunes hier.

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